JOHNNY IZATT-LOWRY

In, and just outside of


22 November 2024 - 31 January 2025

EXHIBITED WORKS:

 

PRESS RELEASE in English (deutsche version unten verfügbar)
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When one talks about the work of Johnny Izatt-Lowry, one often wants to start with the classic movie trailer intro “In a world where…” (add stirring music). He takes from one world and places it into another. The first world is a fast-moving, stressful and at times dark one - the digital world. The other is ours - the physical. The pathos employed by Izatt-Lowry also resembles an epic; the works are understood as a wide-ranging, comprehensive narrative of a reality of our time.

In the past, the theatre was “die Bretter, die die Welt bedeuten” (the stage that meant the world - Schiller); today it is the computer. Each of Izatt-Lowry’s compositions begins with a collage made from drawings and photos, taken from an endless stream of digital images. They are usually then painted from memory or simply the idea of what something might look like. For each work in this show, the initial inspiration came from things surrounding the artist in his daily life, found in, and just outside of his flat. What begins as a document of daily life, through various layers of manipulation, results in a painting. This approach is also translated formally: the works appear like memory clouds, blurred and veiled. Like fleeting thoughts or dreams of something - they are already fading visually, not quite tangible, or conversely, they are only slowly coming into focus. Just like in our mind's eye after indulging in scrolling.

You could say that Izatt-Lowry breathes life back into the fast pace and irrelevance of digital images. He gives the image back its aura in the age of digital reproduction. And he does this with great sensitivity, time and brilliance. When one looks at his work, one soon realises that time must be dedicated to it - the work demands it from you.

His medium of choice is still soft pastel. The support is however no longer crepe fabric, but linen canvas. His meticulous, densely spread application of the pastel chalk roughens the surface. It gives the works a smoky, grainy background that almost pixelates the picture in a pointillist manner. Here, too, a formal connection to the digital source material becomes recognisable.

A particular ambiguity of concept and painterly beauty are both major qualities of Izatt-Lowry's work. They are in perfect harmony. The perspectives are mostly awkward and surrealistic, with subjects that at times hark back to a bygone era, although certainly informed by a digital age. A sense of lost silence and its value emerges. Things that we no longer pay enough attention to. His still-lifes ask: where is there still silence?

A monumental field of flowers hangs in the centre of the exhibition. Flowers, as if copied and pasted hundreds of times, fill the almost three-metre-wide canvas. It is an homage to devotion and dreaminess, but also to the beauty of nature. The assembly-line-like flower, taken from the net, is transformed by hand and with devotion, into a field of repeating originals. Almost like Warhol's work, but for our age. Not far away, a vintage car joins the paintings. A certain nostalgia arises. Images of classic films and chase scenes come to mind. The size and perspective are instantly striking, as is the lighting. The impression of the uncanny, which is central to Izatt-Lowry's work, is reinforced by the feeling of uncertainty with which the vehicle emerges from the darkness. Two other still-lifes are also held in twilight. One might ask whether this is about romanticism, a new approach to a familiar theme or the fact that all of this is slowly fading, receding into the past and becoming difficult to grasp. Matisse and Cézanne are always close by. They have been reproduced almost as often as the Mona Lisa. Their exhibition catalogues used to be indispensable sources of reference for almost every artist. Today they exist as much as objects as they do for the value of their contents. What does that transfiguration mean, and what category of object does it produce? Izatt-Lowry holds on to those sources, remembers them and makes you feel them again.

In, and just outside of also reminds us of the “what” outside the box. Today, the world within our own four walls is much bigger than the one outside. The inside is transported to the outside via the network. From inside you have more access to outside than from outside. In an increasingly fast-paced digital world, you can't miss the boat or you'll be left behind. Izatt-Lowry pools this uncertainty in his works and overlays it with calm and prudence. With his genre-spanning works he causes us to see and appreciate more precisely, which is probably one of today’s greatest assets.

(Written by Fabian Lang)

PRESSETEXT auf deutsch
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Wenn man über die Arbeiten von Johnny Izatt-Lowry spricht, möchte man eigentlich den Satz mit dem klassischen move trailer “In einer Welt in der…” beginnen (spiele mitreissende Musik mit ein). Er nimmt von einer Welt und platziert es in einer anderen. Die eine Welt ist eine zumeist schnelllebige, stressige und oft düstere - die Digitale. Die andere ist die unsere - die Physische. Auch gleicht der von Izatt-Lowry angewendete Pathos einem Epos; die Werke verstehen sich als weitläufige, umfangreiche Erzählung einer Realität unserer Zeit.

Früher hatte das Theater, ‘die Bretter, die die Welt bedeuten’ (Schiller), heute ist es der Computer. Jede von Izatt-Lowrys Kompositionen beginnt mit einer Collage aus Zeichnungen und Fotos, die aus einem unendlichen Gewühl digitaler Bilder stammen. Sie werden dann meist aus der Erinnerung heraus gemalt oder einfach aus der Vorstellung heraus, wie etwas aussehen könnte. Die ursprüngliche Inspiration für jedes Werk in dieser Ausstellung waren die Dinge, die den Künstler in seinem täglichen Leben umgeben, die er in und ausserhalb seiner Wohnung findet (in, and just outside of). Was als eine Aufzeichnung des täglichen Lebens beginnt, wird durch verschiedene Schichten der Manipulation zu einem Gemälde. Diese Vorgehensweise wird auch formal übersetzt: die Werke wirken wie Erinnerungswolken, unscharf und verschleiert. Wie flüchtige Gedanken oder Träume an etwas- sie sind schon wieder am verblassen visuell und nicht ganz greifbar oder umgekehrt, sie werden erst langsam scharf. Genau wie in unserem geistigen Auge nach dem man sich das Scrollen zu Gemüte geführt hat.

Man könnte sagen, Izatt-Lowry haucht der Schnelllebigkeit und Nebensächlichkeit digitaler Bilder wieder Leben ein. Er gibt dem Bild im Zeitalter der digitalen Reproduktion die Aura zurück. Und dies macht er mit viel Feingefühl, Zeit und Brillanz. Wenn man sich seine Arbeit ansieht, merkt man schnell, dass man ihr Zeit widmen muss - die Arbeit verlangt es von einem.

Sein bevorzugtes Medium ist immernoch Softpastell. Neu ist der Untergrund nicht mehr Crepe-Stoff, sondern Leinwand. Sein akribisches flächiges Auftragen der Pastellkreide reibt die Leinwand auf. Es gibt den Arbeiten den rauchigen, körnigen Hintergrund, der das Bild fast schon in pointillistischem Stile verpixelt. Auch hier wird ein formaler Zusammenhang zum digitalen Resourcenmaterial erkenntlich.

Eine besondere Doppelbödigkeit von Konzept und malerischer Schönheit ist ein grosses Qualitätsmerkmal von Izatt-Lowry. Sie sind in perfekter Harmonie. Die Perspektiven sind meist unbeholfen und surrealistisch, die Motive erinnern bisweilen an eine vergangene Ära, sind aber durchaus vom digitalen Zeitalter geprägt. Ein Gefühl für verlorengegangene Stille und deren Werte kommt auf. Dinge denen man nicht mehr genügend Aufmerksamkeit schenkt. Seine Stilleben fragen: wo gibt es überhaupt noch Stille?

Im Zentrum der Ausstellung hängt ein monumentales Blumenfeld. Blumen wie hundertfach gecopied und gepasted, füllen die nahezu Dreimeter weite Leinwand aus. Es ist eine Homage auf die Hingabe und die Verträumtheit, aber auch die Schönheit der Natur. Die Retortenblume aus dem Netzt wird von Hand und mit Hingabe zu einem Feld von sich wiederholenden Originalen gemacht. Fast wie Warhol’s Arbeit, aber eben für unser Zeitalter. Unweit davon reiht sich ein Oldtimer unter die Bilder. Eine gewisse Nostalgie kommt auf. Kopfbilder von Filmklassikern und Verfolgungszenen kommen hoch. Sofort sticht die Grösse und Perspektive dabei heraus und auch das Licht in dem es gehalten ist. Der Eindruck des Unheimlichen, der Izatt-Lowrys Werk zentral ist, wird von einem Gefühl der Unsicherheit noch verstärkt, mit dem sich das Vehikel aus der Dunkelheit löst. Auch zwei weitere Stilleben sind im Dämmerlicht gehalten. Wage mag man fragen, ob es um Romantik, einen neuen Ansatz des altbekannten Themas oder um die Tatsache geht, dass all das langsam am verblassen ist, in die Vergangenheit rückt und nur noch schwer greifbar ist. Immer im Gepäck sind Matisse und Cézanne. Sie sind schon fast soviel reproduziert worden, wie die Mona Lisa. Ihre Ausstellungskataloge waren früher für fast jeden Künstler ein unverzichtbares Nachschlagewerk. Heute sind sie nicht nur wegen des Wertes ihres Inhalts sondern auch als Objekte selbst bekannt. Was bedeutet diese Verklärung, und zu welcher Kategorie gehört das Objekt dadurch? Izatt-Lowry hält an diesen Quellen fest, erinnert sich an sie und lässt sie uns wieder spüren.

In, and just outside of weckt aber auch die Erinnerung an das “was” hinter dem Tellerrand. Die Welt ist in den eigenen vier Wänden heute eine viel grössere als ausserhalb. Das Drinnen wird übers Netzt nach Draussen transportiert. Von Drinnen hat man mehr Zugang ans Draussen als Draussen. In einer ständig rasanteren digitalen Welt darf man den Zug nicht verpassen, sonst ist man schnell out. Izatt-Lowry bündelt diese Unsicherheit in seinen Werken und legt Ruhe und Besonnenheit darüber. Mit seinen genre-übergreifenden Werken bewirkt er genauer hinzuschauen und zu schätzen, was heutzutage wohl eines der grössten Güter ist.

(Geschrieben von Fabian Lang)